Einleitung
Wenn es um spektakuläre Fälle von Geldwäsche geht, spielen Versicherer selten eine Hauptrolle. Das Versicherungsgeschäft gilt insgesamt als wenig anfällig und doch wird die Rolle von Versicherungen in der Geldwäscheprävention häufig unterschätzt – sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in Teilen der Branche selbst. Bestimmte Versicherungssparten, insbesondere Lebensversicherungen mit Einmalbeiträgen und Rückkaufswerten, bergen ein nicht unerhebliches Missbrauchspotenzial. Hinzu kommen neue Risiken durch flexiblere Versicherungsprodukte. Der Beitrag beleuchtet die aktuellen Herausforderungen für Assekuranzen und zeigt auf, wo Versicherer bei der Geldwäscheprävention nachbessern sollten.
Auch Versicherungen müssen das Geldwäschegesetz beachten
Bestimmte Versicherungsunternehmen unterliegen – wie Banken oder Zahlungsdienstleister – den Pflichten des Geldwäschegesetzes (GwG). Diese müssen dieselben zentralen Pflichten erfüllen wie andere Verpflichtete auch. Dazu gehören insbesondere eine risikoorientierte Analyse der Geschäftsaktivitäten (§ 5 GwG), die Einrichtung interner Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG), die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten (§ 7 GwG), die Identifizierung von Kunden (§ 11 GwG) und die unverzügliche Erstattung von Verdachtsmeldungen (§ 43 GwG).
Diese Anforderungen gelten für Versicherer, soweit sie jeweils
a) Lebensversicherungstätigkeiten anbieten,
b) Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr anbieten,
c) Gelddarlehen und Akzeptkrediten vergeben oder
d) Kapitalisierungsprodukte anbieten.
Die Beschränkung hat mit der Risikogeneigtheit dieser Geschäfte zu tun, da sich nicht alle Produkte der Versicherungsbranche für Geldwäsche anbieten. Tatsächlich kommt es jedoch eher selten zu Fällen von Geldwäsche, bei denen Versicherer involviert sind. Nach der Nationalen Risikoanalyse der Bundesrepublik wird die Missbrauchsgefahr des Versicherungssektors deshalb insgesamt als mittel-niedrig eingestuft. Auch die Anzahl der bei der Financial Intelligence Unit (FIU) abgegebenen Verdachtsmeldungen ist im Vergleich zum Bankensektor überschaubar. Dies hat auch damit zu tun, dass von den Versicherern kaum noch Bargeschäfte zugelassen werden, was die Verschleierung von Vermögenswerten deutlich erschwert.
Wandel in der Produktwelt als Risiko
Seit einigen Jahren ist jedoch zu beobachten, dass sich das Versicherungsgeschäft wandelt. Die Unternehmen bieten neue Produktformen an, um Neugeschäft zu generieren. Der Trend geht hin zu sogenannten „flexiblen Produkten“. Diese bieten, anders als die klassischen Kapitalprodukte im Versicherungsbereich, flexible Ein- und Auszahlungen im Laufe der Vertragslaufzeit. Dabei kann der Versicherungsnehmer sowohl den Termin der Zahlungen als auch den Betrag frei wählen. Diese Produkte verhalten sich ähnlich wie Tagesgeld- und Sparprodukten und bieten daher mehr Potenzial für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Manuelles Monitoring stößt an Grenzen
Diese Flexibilität führt jedoch auch zu einem höheren Überwachungsaufwand und erfordert zunehmend entsprechende Systeme. Anders als die Banken unterliegen die Versicherungsunternehmen jedoch keiner gesetzlichen Verpflichtung, ein EDV-gestütztes Monitoring vorzuhalten. Fehlen solche IT-Systeme kann dies transaktionsbedingte Risiken begründen, da eine manuelle Kontrolle aller angetragenen Transaktionen kaum umsetzbar ist. Darüber hinaus fehlen den Versicherungsunternehmen in der Regel auch die für eine Einschätzung nötigen Informationen. Anders als Kreditinstitute, die aufgrund des umfangreichen Zahlungsverkehrs eine umfassende Einsicht in die Kundenbeziehung haben, verfügen Assekuranzen nur über einen eingeschränkten Einblick. Aufgrund des Informationsmangels fällt es diesen Unternehmen schwer, Anhaltspunkte für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erkennen.
Diese Problematik hat auch die Aufsicht erkannt. In einem Interview auf ihrer Homepage empfiehlt die BaFin den Unternehmen mit einem entsprechendem Produktportfolio dringend, ein weitreichendes IT-Monitoring einzuführen.
Terrorismusfinanzierung durch Todesfallleistungen
Eine weitere Herausforderung sieht die BaFin auch im Bereich Terrorismusfinanzierung. In der Vergangenheit hätten Terroristen wiederholt versucht, ihre Vorhaben durch hohe Todesfallleistungen aus Lebensversicherungen zu finanzieren. Besonders im Fokus stünden dabei Risikolebensversicherungen, da diese bereits gegen vergleichsweise geringe Prämien innerhalb kurzer Zeit erhebliche Auszahlungssummen ermöglichen. Diese Mittel könnten dann gezielt zur Unterstützung terroristischer Aktivitäten eingesetzt werden. Ein besonders hohes Risiko ergebe sich, wenn der Todesfall im Ausland eintritt und die Todesfallleistung an eine im Ausland lebende begünstigte Person ausgezahlt werde.
PeP-Abklärung ernst nehmen
Potenzial bietet auch das Thema politisch exponierte Personen (PeP). Die Aufsicht moniert, dass nicht alle Unternehmen täglich einen Abgleich mit entsprechenden PeP-Listen durchführen. Dies erschwere die rechtzeitige Identifizierung möglicher PeP im Bestand und das zeitnahe Ergreifen entsprechender Maßnahmen.
Auch werde nicht immer ein möglicher PeP-Status beim Kunden explizit abgefragt. Es sei vielmehr notwendig, bereits in den Vertragsformulare entsprechende Felder verpflichtend vorzusehen. Hier bestehe noch Nachholbedarf.
Mehr und intensivere Prüfungen
Die Kritik der Aufsicht bleibt nicht folgenlos. Die BaFin hat ihre Prüfungen im Nicht-Bankensektor (zu dem auch Versicherer gehören) in 2024 im Vergleich zum Vorjahr deutlich intensiviert. Auch in 2025 beabsichtigt die BaFin Vor-Ort-Prüfungen bei Versicherungsunternehmen durchzuführen.
Wie umgehen mit den Herausforderungen?
Um den Anforderungen an eine angemessene Geldwäscheprävention gerecht zu werden, muss die Branche sich verändern. Einige Versicherer haben das erkannt und den Wandel bereits eingeleitet. Das bestätigt auch Thomas Ohlemacher, Produktmanager bei der ACTICO GmbH: „Versicherungen ergreifen zunehmend Maßnahmen, um ihre Geldwäsche-Prävention zu verbessern. Allein die Datenmenge bestehend aus Kunden- und Partnerdaten, Kontodaten, Sanktionslisteneinträgen ist praktisch nur mit modernsten Technologien beherrschbar.“
Herr Ohlemacher rät daher den Versicherern, sich mehr an den Vorgaben des Bankensektors zu orientieren: „Leistungsfähige Systeme zum Sanktions- und PEP-Listen-Screening sind erforderlich, um hohe Datenmengen von Kunden und Vertragspartnern zu analysieren und den Abgleich in regelmäßigen Abständen, am besten täglich, zu fahren. Nur so kann das Risiko in BaFin-Prüfungen schlecht abzuschneiden minimiert werden.“
Fazit
Der Wandel in der Produktwelt der Versicherer und die immer schärferen regulatorischen Anforderungen zwingen viele Unternehmen, sich intensiver mit dem eigenen Geldwäsche-Risikomanagement auseinanderzusetzen. Neben dem Nachholbedarf in Sachen EDV-Monitoring sind auch die Anforderungen an die Mitarbeitersensibilisierung nicht außer Acht zu lassen. Schließlich kommt es bei dem Erkennen von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auch maßgeblich auf die Kenntnis und Erfahrung der eigenen Beschäftigten an. Nur so können auffällige Transaktionen und Kundenbeziehungen rechtzeitig identifiziert und gemeldet werden.
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